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UNERFÜLLTER KINDERWUNSCH
 

Was versteht man unter unerfülltem Kinderwunsch?

Nach der Definition der WHO (Weltgesundheitsorganisation) gilt ein Paar als steril, wenn die Frau innerhalb eines
Jahres mit regelmäßigem, ungeschütztem Verkehr nicht schwanger wird. Das besagt im Einzelfall jedoch nicht viel über die tatsächlichen Chancen für die Geburt eines Kindes.

Jede dritte Frau mit Kinderwunsch wartet länger als ein Jahr auf eine Schwangerschaft. Selbst bei einem gesunden Paar  beträgt die Chance, bei regelmäßigem Geschlechtsverkehr innerhalbeines Zyklus schwanger zu werden, lediglich 10 bis 30 Prozent je nach Alter, da es nicht bei jedem Verkehr zu einer Befruchtung kommt. Weniger als 5% aller Paare in Deutschland bleiben dauerhaft ungewollt kinderlos. Fruchtbarkeit ist nichts Unveränderliches. Selbst junge Menschen können auf Grund seelischer und körperlicher Überlastung oder einer ungesunden Lebensführung fruchtbare und unfruchtbare Phasen erleben. Ob und wann ein Paar sich in naturheilkundliche oder reproduktionsmedizinische (fortpflanzungsmedizinische) Behandlung begibt, muss jede Frau oder jeder Mann selbst entscheiden. Medizinische und psychosoziale Beratung kann im Entscheidungsprozess hilfreich sein.

Quelle : Pro familia

EFFEKTIVITÄT

Bevor medizinischer Rat eingeholt wird, versuchen die meisten Paare zunächst einmal die Bedingungen um schwanger zu werden, zu optimieren. D. h. Sie versuchen durch Temperatur messen die fruchtbaren Tage herauszufinden, und gezielt in dieser Zeit Verkehr zu haben. Weiter wird die Frequenz erhöht. Man schläft nicht nur miteinander, wenn Beide Lust haben, sondern es gibt jetzt ein höheres Ziel. Manche Paare beschäftigen sich auch mit ihren Lebensgewohnheiten: Ernährung , Schlaf, Rauchen, Alkohol etc.

ABKLÄRUNG

Hilft dies alles nicht, stellt sich die Frage, ob etwas nicht stimmt. Das Paar schwankt nun zwischen den Positionen, es

wissen zu wollen und Angst vor der Wahrheit. Am Ende dieses Prozesses steht meist die medizinische Abklärung.

Was wird geprüft?

Bei der Frau

  • allgemein körperlichen Untersuchung

  • die Hormonbestimmung im Blut

  • Ultraschall

  • mikrobiologische Untersuchung bei Verdacht auf eine Genitalinfektion

  • Prüfung der Durchgängigkeit der Eileiter

Beim Mann

  • das äußere Genital

  • Spermienqualität

  • mikrobiologische Untersuchung auf eine Genitalinfektion

 

 

WELCHE THERAPIEMÖGLICHKEITEN GIBT ES?

Hormonelle Stimulation der Frau

Durch bestimmte Hormone wird die Eizellreifung stimuliert. Durch Ultraschall wird nach einigenTagen kontrolliert, ob die Eizelle groß genug ist. Wenn ja wird durch ein weiteres Hormon der Eisprung angeregt.

MESA/TESE

Sind im Sperma zu wenig oder gar keine Spermien, können diese in einem kleinen chirurgischen Eingriff aus den Hoden oder Nebenhoden entnommen und eingefroren werden.

Einfrieren von Eizellen

Bei der hormonellen Stimulation werden mehr Eizellen gewonnen. Um Mehrlingsgeburten zu vermeiden und um der

Tatsache Rechnung zu tragen, dass sich nicht alle davon auch eignen, werden die nicht eingesetzten eingefroren. Sie

können zu einem späteren Zeitpunkt verwendet werden.

Insemination 

Durch Masturbation gewonnener Samen wird so aufbereitet, dass es eine höhere Konzentration von beweglichen,

befruchtungsfähigen Spermien gibt. Dieses Sperma wird zur Zeit des Eisprungs direkt in die Gebärmutter eingebracht.

Dieses Verfahren kann für eigenes oder fremdes Sperma (Samenspende) angewandt werden.

In-vitro-Fertilisaton (IVF)

Eizelle und Spermien werden außerhalb des Körpers zusammen gebracht. Danach wird die Eizelle wieder eingesetzt.

Intratubarer Gametentransfer

Abgesaugte Eizellen und Spermien werden per Bauchspiegelung (Vollnarkose) im Trichter der Eileiters, also im Körper der Frau zusammengebracht.

ICSI

Ein Spermium wird per Pipette direkt in eine Eizelle eingebracht.

ERFOLGSAUSSICHTEN

Zur Angabe der Erfolgsrate einer Kinderwunschbehandlung dient weltweit die Angabe der Schwangerschaftsrate nach

Embryotransfer. Diese Rate liegt in Abhängigkeit von dem Alter der Frau im Durchschnitt bei 20-25 Prozent. Diese Aussagen geben noch keine Auskunft darüber, wie hoch die Chancen allgemein und im individuellen Fall sind, ein Kind auszutragen. Um ein reelles Bild von der Wahrscheinlichkeit zu geben, durch eine Behandlung schwanger zu werden und das Kind auch auszutragen, eignet sich die Berechnung der Geburtenrate pro Punktion (Eizellpunktion nach hormoneller Stimulation), die sogenannte -baby take home Rate- und die Geburtenrate nach z.B. durchschnittlich vier IVF-Versuchen (kumulative Schwangerschaftsrate).

Nach den Zahlen des Jahresberichtes der deutschen IVF Zentren werden 40% aller Paare, die drei komplette Behandlungen mit IVF oder ICSI durchlaufen, ein Kind bekommen. Bei vier Behandlungen sind es 50%. 50 bis 60% aller Paare bleiben trotz intensiver Behandlung dauerhaft ungewollt kinderlos.

RISIKEN DER KINDERWUNSCHBEHANDLUNG

Bei Schwangerschaften nach Verfahren der assistierten Befruchtung findet sich eine erhöhte Rate an unterschiedlichen Komplikationen. Diese sind nicht immer, aber sehr häufig auf den hohen Anteil von Mehrlingsschwangerschaften zurück zu führen.

MEHRLINGSGRAVIDITÄT

Die Wahrscheinlichkeit für eine Zwillingsschwangerschaft nach Kinderwunschbehandlung liegt unabhängig vom einzelnen  Verfahren bei ca. 16-18 Prozent, die für eine Drillingsschwangerschaft bei 3-4 Prozent.

Eine Mehrlingsgeburt bedeutet eine höhere Belastung für die vorhandenen Geschwister, die Eltern als Paar bzgl. der

Umstellung des persönlichen Lebens und der Paarbeziehung.

FEHLGEBURT

Es gibt eine höhere Fehlgeburtenrate (20-25%, bei hormoneller Stimulation ca. 15%). Dies wird durch das durchschnittlich höhere Alter der Mütter erklärt.

FRÜH- UND MANGELGEBURTEN

Bei der IVF-Behandlung ist das Risiko von Früh- und Mangelgeburten erhöht. Als Folgen können gesundheitliche

Schäden bei den Kindern auftreten. Vor allem bei Mehrlingsschwangerschaften ist die Gefahr von Früh- und Mangel-

geburten deutlich höher.

FEHLBILDUNGEN

Kinder nach IVF und ICSI sind in der Regel gesund und entwickeln sich normal. Nach neueren Untersuchungen gehen MedizinerInnen heute davon aus, dass bei Kindern nach IVF und ICSI die Rate an Fehlbildungen im Vergleich zu Kindern nach normaler Zeugung leicht erhöht ist. Bei einigen sehr seltenen Krankheitsbildern fanden ForscherInnen einen höheren Anteil von Neugeborenen nach IVF und ICSI. Diskutiert werden Einflüsse im Brutschrank oder durch die Nährmedien, denen die Eizellen während der Zeit außerhalb des Köpers der Frau ausgesetzt sind.

TUBENSCHWANGERSCHAFT

Die Möglichkeit, dass ein befruchtetes Ei sich im Eileiter einnistet, ist genauso hoch wie in jeder Schwangerschaft und

liegt bei ca. 1,5 -2,5 Prozent. Die Ausnahme besteht beim Intratubaren Gametentransfer. Bei Frauen mit vorausge-

gangenen Entzündungen der Eileiter oder früheren Eileiterschwangerschaften ist das Risiko der Eileiterschwangerschaft erhöht.

OVARIELLES ÜBERSTIMULATIONSSYNDROM (OHSS)

Das OHSS kann durch die stark erhöhten Hormonspiegel im Körper nach der hormonellen Stimulation des Eisprungs

entstehen. Nach der Eizellpunktion kommt es zu einer Überfunktion der Eierstöcke, die mit deren Vergrößerung und

Zystenbildung in den Eierstöcken einhergeht. Die Symptome können Bauchschmerzen sein, in schwereren Fällen auch Zunahme des Bauchumfangs und Übelkeit.

AUSWIRKUNGEN AUF DIE PAARBEZIEHUNG

SCHULD

Für viele Menschen sind Kinder ein sehr starkes Ziel in der Lebensplanung. Derjenige der die Ur-sache für das Nicht -

Klappen trägt, empfindet häufig Schuld. Auch derjenige der früher aufgibt und den Anderen als einsamen Kämpfer zurück lässt, muss sich mit ausgesprochenen oder unausgesprochenen Vorwürfen auseinandersetzen. Die Reaktion darauf kann Rückzug, Aggression oder Depression sein.

UNTERSCHIEDLICHE AUSDAUER

Nur weil zwei Menschen ein Paar sind und sich lieben, haben sie nicht automatisch die gleichen Ziele und Eigenschaften.

Auch die Gewichtung des Zieles zum Beispiel ,ein Kind haben zu wollen, kann verschieden sein.Die Folge ist, es gibt

einen Antreiber und einen Mitmacher. Will der Mitmacher nicht mehr mitmachen, kann er sich klar äußern und es kommt zum Konflikt. Das kann sich zu einer Zerreißprobe der Beziehung auswachsen. Hält die Beziehung dem Stand, entsteht eine tiefe Verbindung, die Unterschiedlichkeit erlaubt und ein wirkliches Verstehen des Anderen in seinem Anders-Sein beinhaltet.

Häufig geschieht allerdings etwas anderes: Dem Antreiber gelang es seinen Wunsch als etwas Heiliges Unantastbares zu etablieren. Der Andere wagt nicht sich dem zu widersetzen. Er macht äußerlich weiter mit, wie er glaubt, dass es erwartet wird. Innerlich entsteht aber Distanz und passiver Widerstand. Dies bleibt unausgesprochen und sorgt nur für eine diffuse ungute Stimmung.

VERKLÄRUNG EINER LEBENSFORM

Der Wunsch nach einem Kind ist so stark, dass sich alles dem unterordnet. Wenn wir ein Kind haben, ist alles gut. Dann sind wir glücklich und unsere Probleme werden sich in Luft auflösen.Solche Gedanken machen ein Ablassen von diesem Wunsch nahezu unmöglich.

Entsteht dann tatsächlich ein Kind wird die Realität dieses schiefe Bild zurechtrücken. Kommt es aber zu keiner Schwangerschaft liegt ein sehr steiniger Weg vor diesem Paar.

SEXUALITÄT

In die Sexualität, die ja eigentlich zu unserer Beglückung zur Verfügung steht, mischt sich nun wie ein Gift der Leistungsgedanke. Nicht wenigen Paaren ist die Freude daran so verdorben, dass sie nach der Schwangerschaft nicht mehr dahin zurückfinden. Die Sexualität wird auf den Reproduktionsvorgang reduziert, Sex findet statt, obwohl die Lust nicht richtig da ist, die Zeit dazwischen unterteilt sich in Hoffnung und Enttäuschung. Man muß kein Genie sein, um zu erkennen, dass Spontanität, spielerischer Umgang damit und vor allem Leichtigkeit dabei verloren gehen.

UNGLEICHE BELASTUNG VON MANN UND FRAU

Eine medizinische Behandlung nimmt im Normalfall mehr Einfluss auf den Körper der Frau.Das wird unterbewusst als

ungerecht erlebt und der Ausgleich wird im Bereich der Fürsorge und Aufmerksamkeit des Partners gesucht. Manche

Paare können das dadurch sehr gut lösen, bei Anderen steht für das Verhalten des Partners grosses Unverständnis im Raum.

Wie kann er sich nicht kümmern?

Warum soll ich mich dauernd kümmern, wenn noch nicht mal eine Schwangerschaft vorliegt?

Sie war früher ganz anders!

Er war früher ganz anders!

VERARBEITUNG VON ENTTÄUSCHUNG

Das ist ein ungeheuer schwieriger Punkt. Es fängt ja schon damit an, dass der Eine sagt es klappt nicht und der Andere sagt es hat noch nicht geklappt.

Vielleicht braucht einer länger um aufzugeben, sich abzufinden. Wie ihn oder sie trösten? "Das ist doch nicht so schlimm, wir haben soviel Anderes Schönes im Leben." "So ist das also, es hat Dir gar nie wirklich etwas bedeutet."

Ein Paar läuft in seinen Prozessen nicht synchron. Das ist unbestreitbar schwierig. 

Eine Annäherung über Gespräch und Verständnis womöglich sogar Geduld sind ja nicht gerade dieleichtesten Übungen.

Kein Wunder also, wenn es da holprig wird. 

Jedes Paar hat seine ganz persönlichen Themen. Für die Einen ist es eben unerfüllter Kinderwunsch. Aber für alle sind ihre jeweiligen Schwierigkeiten einerseits Belastungen und andererseits die Chance für ein wirkliches Kennenlernen vom Anderen und auch von sich selbst. 

Die Liebe ist, so sie uns begegnet, ein Rohstoff, der weiterverarbeitet werden muss für Haltbarkeit und Genuss.

Ich hoffe, Sie fanden Anregung, um sich auszutauschen und miteinander ins Gespräch zu kommen. 
 

Herzlichst Ihre Andrea Krüger

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